Gestern Abend habe ich wieder meine im letzten Winter gekauften Spikes auf meinen TerraLinerOval gezogen. Es wurde zwar nach 23 Uhr, doch eine Testfahrt sollte noch sein. Zurück war ich kurz vor halb Zwei, allerdings bin ich nicht die ganze Zeit gefahren, sondern habe Freunde in der Stadt besucht.
Bis ich mir diese Reifen gekauft habe, war mir die Existenz etwas verborgen geblieben. Steffen machte mich im letzten, heftig verschneiten Winter darauf aufmerksam. Bis dahin bin ich mit meinen Continental TravelContact immer (gerade so) durch den Winter gekommen. Bei wirklich viel Schnee oder bei überfrorenem Untergrund war es wirklich kein Spaß mehr. Zwei Stürze auf unsichbar überfrorenem Asphalt sind mir bis heute nicht aus der Erinnerung verflogen. Wohl nicht, weil sie besonders unangenehm waren, sondern eher, weil sie so plötzlich und überraschend kamen. Wenn man die leichte Reifschicht nicht sieht und einem das Rad mit einem Mal wegrutscht ist das doch ein kleiner Schock.
So, dass sollte im letzten Winter nicht passieren und außerdem wollte ich auch mit dem damals neuen Chariot CX2 angehängt durch Schnee und Eis fahren. Mit einem Kind im Anhänger sollten jegliches Rutschen ausgeschlossen sein. Also suchten wir in Stuttgart herum und kauften dann aber bei Pedalkraft (für mich das erste Mal im neuen Laden) in Bietigheim ein. Nach einem etwas längeren Hin und Her entschied ich mich für einen Nokian Hakkapeliitta W106 (37-622, vorne) und einen Continental Nordic Spike 120 (hinten). Die Entscheidung, zwei verschiedene Reifen zu kaufen, wurde zunächst etwas aus der Verfügbarkeit und den Kosten geboren, hat sich aber absolut als richtig erwiesen. Für vorne würde ich sofort wieder den W106 kaufen. Dieser Reifen hat zwar nicht Spikes en masse, das reicht hier aber voll aus. Die Spikes sitzten hier recht mittig und der Reifen ist eher schmal. Dadurch ist mit wenigen Spikes vorne immer eine gute Führung da — und die wird ja gerade auf Gefrorenem benötigt. Und ein schmaler Reifen hat gerade im Schnee deutlich weniger Widerstand.
Der Nordic Spike hinten ist ebenfalls richtig gewält, denn er hat ein recht offenes Profil und bringt auch in tieferem Schnee gut Traktion. Da die Spikes hier nur außen liegen ist er bei normalem Luftdruck nur in Kurven in der Lage diese auch an das Eis kommen zu lassen. Dafür fährt er sich aber auch besser auf Asphalt. Für Alltagsfahrer ist das die richtige Mischung, denn wenn es hart auf hart kommt, nimmt man einfach die Luft soweit weg, bis die Spikes greifen. So fährt man günstiger und nutzt die meist nicht benötigten Spikes in der Mitte nicht so ab. Das Profil des Nordic Spike ist wirklich gut, denn es läuft auch auf Asphalt ruhig. Übrigens steht auf dem Nordic Spike auch „Made in Finland“ — kommt der also eigentlich auch von Nokian? Ja, Nokian-Mitarbeiter bestätigten auf der EuroBike 2005, dass das so sei. :-)
Wer weiß, dass er wirklich meist auf Eis unterwegs ist (und das womöglich auch am Berg), sollte allerdings doch lieber zum Continental Nordic Spike 240 greifen, da dieser dann mehr Traktion ermöglicht. Alternativ ist auch Nokian Hakkapeliitta W240 zu empfehlen, der hat ein offeneres Profil und greift im Schnee besser, läuft aber nicht ganz so gut auf Asphalt.
Zu bedenken ist noch, dass ich diese Auswahl für meinen Einsatz gemacht habe: ich fahre mit dem Trekkingbike im Alltag, ohne Rücksicht auf Wind und Wetter. Dabei bin ich doch meist auf Asphalt-Straßen unterwegs, teils auf Schotter und etwas auf Feldwegen. Wer querfeldein im Schnee und auf Eis unterwegs ist, sollte sich bei Nokian eher noch die extremeren Reifen anschauen…
Und noch zum Schluss: es lohnt sich! Ich wusste zuvor nicht, dass Radfahren auch Wintersport sein kann. Und die Leute gucken nicht schlecht, wenn man unerschrocken auf vereister Straße den Berg herunter rast. Aber Vorsicht, es kann süchtig machen und im Schnee ist es brutal anstrengend. (Auf einer ersten Schneetour sind wir (Steffen und ich) nach läppischen 20 Km und ca. 2 Stunden um Stuttgart nicht mehr in der Lage gewesen, den finalen Schlussanstieg nach Hause zu schaffen. Die Räder mussten im Schnee geparkt werden und die letzten Meter zum warmen Zuhause und zum Essen per pedes zurück gelegt werden. Wer uns kennt, kann sich Anstrengung vielleicht vorstellen…)